Wie entscheidest Du, wenn es drauf ankommt?
Kopf oder Bauch? Entscheidest Du eher mit dem Kopf oder mit dem Bauch?
Jeder von uns trifft tagtäglich bis zu 100.000 Entscheidungen. Davon die absolute Mehrzahl intuitiv und automatisch, ohne überhaupt bewusst zu registrieren, dass wir uns jetzt gerade für oder gegen etwas entscheiden müssen. Basierend auf unseren Erfahrungen funktioniert das im Autopilot.
Wie sieht es bei größeren Vorhaben, Entscheidungen die unseres Erachtens von bestimmter Tragweite sind, aus? Im Geschäftsleben erlebt man es wohl eher selten, dass Menschen Budgetentscheidungen, etc. „mal so aus dem Bauch heraus getroffen haben“. Soll man bei einer Fehlentscheidung dann sagen „Mir war gerade danach?“ Diesen Mut bringen wohl die Wenigsten auf. Lieber an der Faktenlage gescheitert, als belächelt zu werden, dass man da so ein Gefühl hatte…
Wir wissen oder ahnen zumindest, dass unser Bauch nicht ganz so unbeteiligt ist bei Entscheidungen: Sorgen, Ängste, etc können auf den Magen schlagen; anderen liegen schwere Entscheidungen oder Sorgen „wie ein Stein im Magen“, Stress schlägt auch auf den Magen und Schmetterlinge fliegen im Bauch, wenn man verliebt ist.
Konträre Meinungen
Ein Verfechter von Kopfentscheidungen ist Matthias Nöllke, Autor des Buches „Entscheidungen treffen“: „Wer auf seinen Bauch hört, bei dem gibt vielleicht ein Zufall den Ausschlag, die Stimmung, die Tageszeit, die Reihenfolge der Argumente“. Weiter spreche gegen Bauchentscheidungen, dass man häufig gar nicht merke, wenn wesentliche Informationen fehlen, die für eine kluge Entscheidung wichtig wären.
„Reine Kopfentscheidungen sind oft Fehlentscheidungen“ – also genau die Gegenposition - vertritt der Münchener Psychologieprofessor Dieter Frey. Da einem niemals alle Informationen zugänglich seien, sei auch die Rationalität immer begrenzt, begründet Frey seine Ansicht. Auch würden Entscheidungsfehler unterlaufen, weil wir neuen Informationen auch schon mal eine falsche Gewichtung geben würden, ihre langfristigen Auswirkungen gar nicht im Hier und Jetzt einschätzen könnten.
In Zeiten von V.U.C.A. – Abkürzung/Akronym für die englischen Begriffe volatility, uncertainty, complexity, ambiguity – deutsch: Unbeständigkeit, Unsicherheit, Komplexität und Mehrdeutigkeit – ist es dann wohl gar nicht so schlecht, häufiger mal den Bauch entscheiden zu lassen, weil es immer seltener vorkommt, dass einem alles für eine Entscheidung Relevantes überhaupt vorliegt.
Aber das ist sicherlich nur ein schwacher Trost für einen von der Ratio dominierten Entscheider. Der spielt den Ball vielleicht zurück und erklärt, dass er aufgrund der fehlenden Fakten keinesfalls entscheiden kann. Vielleicht helfen folgende Informationen, diese Kopflastigkeit nochmal zu überdenken:
Bauchgehirn
Neurowissenschaftler sprechen mittlerweile vom Bauchgehirn. Während noch kein Gastroenterologe auf dieses Bauchgehirn gestoßen ist, sind sich immer mehr Forscher einig, dass das Bauchgehirn - genauer gesagt das enterische Nervensystem - eine Kopie des Kopfgehirns darstellt. Die Botenstoffe Serotonin und Dopamin seien dabei wesentliche Botenstoffe über die die Kommunikationswege funktionieren würden. Ferne bestehe eine Nervenstrangverbindung zu der Großhirnrinde und somit zum limbischen System, unserem Emotionszentrum im Gehirn. Das Bauchgehirn scheint auch somatische Marker zu besitzen, die uns für gewisse Dinge ein „Vorgefühl“ geben, es sendet Informationen vom Bauch an das Großhirn und ist somit auch für Stimmungen und Emotionen von Bedeutung (emotionale Kompetenz), so Kurt Wanka in DocCheck Flexikon-Artikel.
Emotionale Intelligenz fördern, spricht für Bauchgehirn
Ein klares Ja also für das Bauchgehirn, wenn es um Führungsthemen, zwischenmenschliche Belange geht, wenn emotionale Intelligenz gefordert ist. Und ein Ja auch für die Situationen, in denen die Unsicherheiten nicht die Faktenlage hergeben, die man so gerne für eine schwarz-auf-weiss-nachvollziehbare Entscheidung gehabt hätte. Ein klares Ja auch für die Ratio-gesteuerten Menschen, wenn es um die eigene Person, zwischenmenschliche Themen oder Persönlichkeitsentwicklung geht. Mit wachsendem Vertrauen in die eigene Leistungsfähigkeit, also starker Selbstwirksamkeit, dürfte dann auch das Bauchgehirn salonfähiger werden. Ich empfehle einfach mal bei fehlenden Zahlen, Daten, Fakten sich im Entscheidungsgremium zu überlegen, was schwerwiegender ist: Keine Entscheidung, verschleppte Entscheidungen, oder eine Entscheidung, die mit Intuition und Erfahrungswissen, also aus dem Bauch heraus, getroffen wurde.

Bildquelle Pixabay
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