Agilität ist Einstellungssache - Mentale Agilität
Kennst Du noch den Ausspruch „Stell dir vor es ist Krieg und keiner geht hin?“ – Der ursprünglich aus einem Gedicht vom Pullitzer-Preisträger Carl A. Sandburg – nein, wirklich nicht von Berthold Brecht -, dann ins Deutsche übersetze und vertonte Werk von Mono&Nikitaman kommt mir in letzter Zeit häufiger in den Kopf, denn ich habe das Gefühl, dass die aktuelle Version lautet „Stell Dir vor, das Unternehmen wird agil und keiner geht mit…“.
Es liegt an uns – Agilität ist eine Haltung
Klar in jedem Veränderungsprozess gibt es immer Menschen, die sich entscheiden „eher nicht“ mit zu machen oder der bekannte Spruch „na schauen wir mal, welche Sau jetzt wieder durch das Dorf getrieben wird“, spiegelt auch nicht die große Veränderungsbegeisterung in Unternehmen wieder. Und letztlich ist es ja wirklich so, dass immer noch über 70% aller Veränderungsprojekte am Menschen scheitern (laut Harvard Business Manger gab es 2013 laut Studien ein kurzes Absinken auf 60-70% …). Die gute Nachricht: Es liegt nicht an den Unwägbarkeiten der Märkte. Es liegt nicht am Budget. Es liegt an uns! Die schlechte Nachricht: Es liegt an uns!
Mehr als „übliche“ Veränderungsprozesse ist besonders die Agilität eine Einstellungssache, eine Haltung. Und das ist meines Erachtens ganz entscheidend. Bestätigt sehe ich mich da durch die erst vor wenigen Tagen veröffentlichten Studienergebnisse der Digitalberatung etventure und des Marktforschungsunternehmens GfK, wonach in der digitalen Transformation die Unternehmen vor weitreichendem Change zurückschrecken. Befragt wurden über 2000 Entscheidungsträger Deutscher Großunternehmen. Überall zählt die Digitalisierung zu den TOP-3-Themen auf der Unternehmensagenda. Mehr als die Hälfte der Befragten versteht unter digitaler Transformation lediglich die Digitalisierung des bestehenden Geschäftsmodells sowie analoger Prozesse. 58 Prozent der Führungskräfte geben zu, dass in ihren Unternehmen noch immer an bestehenden Strukturen festgehalten wird. „Den ganz großen Schritt zu wagen, nämlich die eigene Unternehmenskultur grundlegend zu verändern, trauen sich aber nur die wenigsten Unternehmen“, so die Veröffentlichung in der Zeitschrift (248) mangagerSeminare.
Neue Bürolandschaft mit alten Zöpfen
Abgesehen davon – das ist aber meine subjektive Meinung – dass man Kultur nicht mit wenigen Handlungsschritten aus der Kommandozentrale verändern kann, sondern diese entsteht im Unternehmen durch eben die gelebte Kultur, den Umgang miteinander, die Sprache, die Einstellung zu Fehlern, etc., bedeutet dies doch überspitzt: Wir sitzen in unseren neugeschaffenen modernen Open-Space-Bürolandschaften mit unseren alten, nicht abgeschnittenen Zöpfen. Das Scrum-Board verliert nur dann seinen Charme einer neuen Wandpanele, wenn wir auch damit arbeiten, wenn wir die Systematik leben in unserem Projektmanagement, wenn wir dementsprechend arbeiten, kommunizieren, Prozesse verändern, Team- und Führungskultur anpassen. Wir versuchen agil zu arbeiten, ohne dass Entscheidungsprozesse, Arbeitsabläufe und daraus resultierend auch die Führung, die Information und Kommunikation, etc. agil ablaufen. Glauben wir tatsächlich, uns gelingt es, „eingelaufene Trampelpfade“ zu verlassen nur durch den Wechsel der Schuhe? Wir glauben wir kommen zu neuen, besseren, innovativeren Ansätzen, indem wir immer noch so meeten, entscheiden, letztlich denken, wie früher auch? (Agile) Veränderungsprozesse bedeuten nicht „cherry-picking“, ich nehme mir das raus, was gut klingt, sondern fordert konsequente Implementierung, Umsetzung, leben.
Ich wiederhole mich: Agilität ist keine Managementmethodik. Es ist eine Haltung. Einstellungssache! Mindset! Wenn Du also der Ansicht bist, dass die Organisation viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt ist. Wenn das Silodenken in der Organisation immer noch vorherrscht, trotzdem man doch eigentlich agil sein will. Wenn man versucht „out of the box“ zu denken und noch nicht verstanden hat, dass Agilität bedeutet, so zu denken, als gäbe es gar keine Box. Dann, ja dann, liegt die Diagnose sehr nah, dass das Unternehmen NICHT agil ist.
Wir alle benötigen mentale Agilität
Wir alle benötigen – nicht erst seit der digitalen Transformation – mentale Agilität: Mentale Stärke und Beweglichkeit. Denn Erfolg beginnt im Kopf. Genau da wo auch die Veränderung beginnen sollte. Menschen müssen zunächst an sich, an ihre eigene Leistungsfähigkeit glauben, bevor sie bereit sind zu experimentieren, Regeln zu hinterfragen, über Bord zu werfen, neu zu denken. Das Vertrauen in seine eigene Leistungsfähigkeit. Das Vertrauen ins Team. Damit eng verwoben ist die mentale Beweglichkeit: Gewohnte Denkmuster verlassen, anders denken. Das fällt mir vor allem dann leicht, wenn ich weiß, dass mein Unternehmen, mein Vorgesetzter, es schätzt, wenn ich mal unkonventionelle Gedanken entwickle, auch wenn es auf den ersten Blick nicht sofort zu einer Verwertung der innovativen oder auch andersartigen Gedankenansätze kommt. So lange wir immer noch glauben, dass die Chefin oder der Chef der operativ Exzellenteste sein muss, alles wissen und beantworten können muss und für alles die bestmöglichste Lösung finden muss, die dann auch noch für die nächsten 12 Jahre unumstößlich ist, dann werden wir nicht agil. So lange Menschen immer noch Angst haben, Dinge auszuprobieren, weil sie nicht einschätzen können, ob sie sich da noch innerhalb der Unternehmensleitplanken bewegen, oder was wohl mit einem passiert oder nicht mehr passieren wird, wenn etwas schief geht, dann werden wir nicht innovativ. So funktionieren die neuen Arbeitswelten, VUCA & Co. nicht.
Stattdessen benötigen wir agile (Selbst-)Führung, mentale Flexibilität im Denken und Handeln durch Ausprobieren und Anwenden etwa in Workshops, neue Formate, die uns wirklich beteiligen und uns so auch motivieren zu bewegen, uns daran zu erinnern, warum wir dort sind wo wir sind und wo wir eigentlich hinwollen und WARUM! Ist in Deinem Unternehmen das WARUM bekannt? Auch diese Transparenz gehört zu einer agilen Führung.
Ich freue mich auf Kommentierungen, den Austausch, weitere Anregungen oder auch vertiefende Fragen zu meinem Portfolio zur Mentalen Agilität, agiler (Selbst-)Führung, etc.

Bildquelle Pixabay
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